Strand ohne Sand?
Strand ohne Sand? Wie jetzt?… Geht doch gar nicht!
Vielleicht könnte es aber in Zukunft so weit kommen. Heute geht es um ein weiteres, zu wenig bekanntes Thema aus dem Umweltbereich. Es geht um Sand. Was das Problem mit dem Verschwinden des Sandes ist & wofür er gebraucht wird, erfährst du hier.
RAUBBAU DER BAUINDUSTRIE – UNSER SAND VERSCHWINDET
Jeder kennt die typisch deutsche (Alman) Aussage: „Das gibt es doch wie Sand am Meer!“. Damit versucht der Deutsche, in seiner aufbrausend-aber-dennoch-witzigen-Art zum Ausdruck zu bringen, wie viel es von etwas gibt. Jeder der schonmal am Meer war, weiß natürlich, dass es dort reichlich Sand gibt. Sehr sehr reichlich. Wirklich wirklich viel Sand.
Die Wenigsten wissen jedoch, dass Sand einer der begehrtesten Rohstoffe unserer Zeit geworden ist. Egal ob in Glas, Handy oder Computer. Auch bei der Herstellung von Jeans spielt Sand eine große Rolle. Nur durch ihn erhält die Jeans ihren komfortablen ‚used look‘. Auch Seifen, Reinigungsmittel oder die Pflanzenindustrie brauchen ihren Anteil Sand. Ohne Sand läuft also inzwischen nichts.
Die größte Gier nach Sand hat jedoch die Bauindustrie. Für ein mittelgroßes Haus benötigt man 200 Tonnen Sand. Ein Krankenhaus braucht schon 3.000 Tonnen und in einer Autobahn stecken sage und schreibe 30.000 Tonnen Sand pro Kilometer. Insgesamt stecken wohl 98% der weltweiten Sandförderung in der Bauindustrie (BR, 07.05.2019). Durch den Bauboom der letzten Jahre wird der Sand immer noch begehrter. Vor allem in Stahlbeton, dem meistgenutzten Baustoff unserer Zeit, steckt eine große Menge Sand. Weltweit werden etwa zwei Drittel aller Gebäude mit Hilfe von Stahlbeton gebaut. Für jede Tonne Beton werden mehrere Tonnen Sand benötigt. Realisiert man dies, lässt sich erkennen, dass unsere Städte buchstäblich auf und aus Sand gebaut sind.
Nach Schätzungen der UNEP fließen jedes Jahr rund 30 Milliarden Tonnen Sand in die Herstellung von Beton. Laut Dr. Pascal Peduzzi, Director of Science der UNEP ist das „Genug Material, um eine Mauer zu bauen. Zwanzig Meter hoch und zwanzig Meter dick, rund um den Äquator.“
Obendrauf kommen jährlich noch mindestens 10 Milliarden Tonnen Sand, welche für Industrie und Straßenbau benötigt werden. Kein anderer Rohstoff wird in so großem Stil gefördert, wie Sand. Die UNEP schätzt, dass jährlich rund 70 Milliarden Dollar in der Sandindustrie umgesetzt werden.
Es gibt in diesem Geschäft also jede Menge Geld zu verdienen. Und das mit einem Rohstoff der eigentlich in Hülle und Fülle vorhanden zu sein scheint. Frei zugänglich für jeden, denn wem gehört schon ein Strand? – Kein Wunder also, dass die Sandindustrie inzwischen auch für illegale Machenschaften sehr interessant ist. Die UNEP spricht inzwischen von der Existenz einer Sand-Mafia.
Wie so oft scheren sich die in diese Geschäfte verwickelten Kameraden jedoch weder um Gesetze, noch um die Betroffenen vor Ort und schon gar nicht erst um die Umwelt. Alles in allem ist dies natürlich nicht nur enorm schädlich für die Ökosysteme vor Ort, sondern schadet auch im globalen Kontext Mensch und Natur. Vor allem in Dritt-Welt-Staaten passiert illegaler Sand-Abbau immer häufiger. Und kurz darauf entstehen dann – in Asien und Afrika – die Megastädte der Zukunft. Genau aus diesem Sand.

Mit unseren unendlich scheinenden Wüsten & dem Fortschreiten der Desertifikation überall auf dem Planeten, sollte Sand ja nun wirklich unser letztes Problem sein. Falsch gedacht! Ein weiterer wichtiger Sand-Fact ist die Spezifität der Größe.
Nur der Sand innerhalb eines bestimmten Maßes ist für die Industrie nutzbar. Wüstensand ist für die Betonindustrie nicht interessant. Durch Wind und die daraus folgende Bewegung wurde der Sand in der Wüste rund geschliffen. Rund bedeutet keine Ecken und Kanten mehr, folglich also nicht die gewünschte Stabilität im Beton. Ecken und Kanten hat aber nur der Sand aus Fluss und Meer. Somit exportieren auch Wüstenstaaten wie die Vereinigten Arabischen Emirate, Sand im großen Stil.
Prognosen der UNEP berichten, dass bei unveränderter Sandförderung in Zukunft drei von vier (75%) Stränden ohne Sand sein werden.
Denn jeden Tag karren LKWs Tonnen von Strandsand davon, saugen riesige Schwimmbagger den Meeresboden rund um den Globus ab, bunkern den Sand in ihren Kielräumen und verkaufen ihn teuer an Baufirmen: Der Sand schwindet, und mit ihm die Strände (BR, 07.05.2019). Das ‚Sand-Schwinden‘ hat allerdings nicht nur Auswirkungen auf den Strandurlauber. Weit gefährlicher sind die Auswirkungen der Sand-Abstinenz bereits in Indonesien. Wird Sand aus dem Meer abgesaugt (Wer hätte es gedacht?!) wird das nicht ohne Folgen bleiben.
Mikroorganismen und Tiere werden getötet, Lebensräume zerstört. Darüber hinaus können sich Strömungen verändern. Das wiederum gefährdet die Existenzgrundlage der Menschen, die vom Meer leben. „Rund 92 Prozent des Fischbedarfs [in Indonesien] werden durch die traditionelle Fischerei gedeckt. Durch den Sandabbau verlieren wir unsere Korallenriffe und unsere Fische. Die Fischer verlieren ihre Lebensgrundlage, ihre Familien haben kein Einkommen mehr, wir verlieren alles.“ sagt Riza Damanik, Leiterin einer lokalen NGO.
Da am Strand jedoch genug Sandreserven lagern, setzen sich diese in Bewegung und rutschen in die leergesaugten Ozeanbecken nach. So verschwindet der Sand vom Land ins Meer. Auch das musste Indonesien schon bitter zu spüren bekommen. Prof. Dr. Dirk Hebel, Future Cities Laboratory Singapur (2016) erklärt: „Indonesien beschuldigt Singapur mittlerweile, verantwortlich zu sein für das Verschwinden von über 80 Inseln in den letzten zehn Jahren.“
Die Indonesier wissen also genau was da mit dem Sand passiert. Hoffentlich geht es dir jetzt genauso – Sand ist nicht gleich Sand. Sand ist heiß begehrt! Und wie immer: Mit Sand wird viel Geld verdient, also leidet die Umwelt…
Nimm dieses Wissen mit und schau auf die nächste Baustelle aus einem etwas anderen Blickwinkel.
Wir hören uns nächste Woche wieder – Hau rein!
Vielen Dank für deine Zeit.
Ein schönes Wochenende & stay renewable!
Gruß,
Yannis von RENEWS
ZUM WEITERLESEN/KUCKEN:
VIDEO: Sand – Der unterschätzte Rohstoff (BR): https://www.br.de/mediathek/video/planet-wissen-04122018-sand-der-unterschaetzte-rohstoff-av:5bd0c4ca15309a0018bb0fe5
Eine Alternative zur Bauindustrie – So geht’s nachhaltig: https://www.umwelt-im-unterricht.de/hintergrund/baustoffe-ressourcen-und-nachhaltiges-bauen/
Der UNEP-Report mit allen Fakten zum Thema Sand: https://na.unep.net/geas/archive/pdfs/GEAS_Mar2014_Sand_Mining.pdf
Quelle: BR – Wissen (2019): Gier nach Sand: Wenn die Strände schwinden https://www.br.de/themen/wissen/sand-rohstoff-abbau-straende-100.html (11.12.2019)
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